Körperhaltung

 

RICHTIGE KÖRPERHALTUNG

 

Es gibt viele Definitionen einer richtigen Körperhaltung, darunter zwei von ihnen:

 

1/)   Unter einer richtigen Körperhaltung ist solch eine zu verstehen, deren Anordnung einzelner Körperabschnitte gegenseitig harmonisiert ist, und ihre Erhaltung eines minimalen Drucks des Muskel- und Nervensystems bedarf.

 

2/)   Eine richtige Körperhaltung ist eine solche aus dem Bau und habitueller Lokalisierung einzelner Körperteile resultierende Körperform, die Grundfunktionen des Organismus begünstigt.

 

Der Begriff ‚richtige Körperhaltung’ ist nicht eindeutig. Sie hängt von folgenden Faktoren ab: Alter (z.B.  Greisenhaltung, Kleinkindhaltung), Tageszeit, Mahlzeiten, Ermüdung ...

Die Bewertung einer richtigen Körperhaltung – je nach Alter – wird nach folgenden Grundsätzen vorgenommen:

 

KÖRPERHALTUNG BEI KLEINKINDERN

-         die Schultern ragen nach vorne nicht aus

-         das Kopfhintern und der Rücken sind in einer Linie (das ist zu kontrollieren, indem man das Kind bittet, an die Wand zu treten

-         konvexer Bauch

-         leichte Vertiefung (Lordose) im Lumbalabschnitt der Wirbelsäule

-         der ganze Rumpf gebeugt nach vorne

-         leichtes Biegen der Hüften und Knien 

-         bis zum 4.-5. Lebensjahr kommt Plattfüßigkeit vor

KÖRPERHALTUNG BEI SCHULKINDERN

-         der Brustkorb ist einigermaßen abgeflacht, wodurch die Schulterabrundung deutlicher wird

-         der Bauch ist weniger konvex

-         die Lordose (Vertiefung im Lumbalabschnitt) ist ausdrücklicher

-         der ganze Rumpf bleibt nach vorne gebeugt

-         gerade Beine

-         Beugung der Hüften und Knien etwas weniger

-         völliges Verschwinden der Plattfüßigkeit

PUBERTÄTSZEIT

-         aufgerichtete Körperhaltung

-         Verminderung des Bauchherausragens

-         Verschwinden der Beugung der Hüften und Knien

KÖRPERHALTUNG BEI ERWACHSENEN

-         der Kopf etwas nach vorne geschoben

-         flacher Bauch, zurückgezogen im Verhältnis zum Brustkorb

-         Wirbelsäulenkrümmung in Form des Buchstaben S

 


DER HALTUNGSFEHLER

 

ist eine dauerhafte Änderung im Knochensystem. Die Fehler des „Sichhaltens“ bedeuten auch Störungen der räumlichen Körpergestaltung (Wolañski 1958, 1979).

Die Haltungsfehler können verschiedene Ursachen haben:

1.                 1) Geburtfehler (z.B. Dysplasie des Hüftgelenkes),

2.                 2) entstanden als Folge der Verletzungen oder Krankheiten,

3.                 3) erworben, am häufigsten, verursacht durch schlechte Gewohnheiten (Bewegungsmangel, unrichtiges Sitzen usw.),

4.                 4) habituell, verursacht durch Hör- oder Sehfehler (die Gewohnheit, sich über dem Buch krumm zu halten).

Die Fehler können im Bereich der natürlichen Krümmungen der Wirbelsäule durch ihre unrichtige Bildung oder Skoliosen entstehen – unrichtige seitliche Wirbelsäulen-krümmungen. Die Skoliosen kommen dreimal häufiger bei Mädchen als bei Jungen vor. Sie treten zwischen dem 7. und 18. Lebensjahr auf.

 

WIE ENTSTEHEN DIE HALTUNGSFEHLER?

Allgemeines
 
Im Entwicklungsverlauf der Haltungsfehler unterscheiden wir drei Perioden:
1. Periode – funktionelle Änderungen

Einige Muskelgruppen werden schwächer und dehnen sich aus, bei anderen tritt eine verstärkte Spannung und Verkürzung auf. Die Dauer dieser Periode kann je nach Faktoren, die das Entstehen der Fehler verursachen, verschieden sein. Sie kann von ein Paar Wochen bis ein Paar Monaten betragen.

2. Periode – Entstehen der Kontrakturen (der Bänder, Muskel und Sehnen)

Die Einführung der Korrektionsübungen kann in dieser Zeit noch ganz erfolgreich sein. Die Korrektionsübungen können weitere Entwicklung des Fehlers vorbeugen. Jedoch seine völlige Eliminierung ist nicht mehr möglich und er bedarf oft der Anwendung komplizierter Rehabilitationsmaßnahmen.

 

Das Wesen der Wirbelsäulenfehler auf der Sagittalebene ist eine Vertiefung oder Verminderung der physiologischen Wirbelsäulenkrümmungen. Aufgrund des Grads der Beckenseitwärtsneigung sowie der Beweglichkeit der Wirbelsäule unterscheidet Wiles vier Grundtypen einer Fehlhaltung:

1.      Konkavkonvexer Rücken – Vertiefung der thorakalen Kyphose und lumbalen Lordose.

2.      Wiegenrücken – Vertiefung der thorakalen Kyphose und lumbalen Lordose (Hyperlordose).

3.      Flachrücken – Mangel an physiologischen Krümmungen der Wirbelsäule.

4.      Rundrücken – Vertiefung der thorakalen Kyphose.

 

 

KONKAVKONVEXER RÜCKEN

In den meisten Fällen ist ein erhöhter Winkel der Vorwärtsneigung des Beckens die Ursache für die Entstehung dieses Fehlers. Das führt zur übermäßigen lumbalen Lordose, und durch einen Abschnittausgleich zur Vertiefung der thorakalen Kyphose. Eine geänderte Gestalt der Wirbelsäule sowie vergrößerte Vorwärtsneigung des Beckens beeinflusst den Zustand der Muskel und Bänder:

-         die Streckmuskel des Rückens werden im Thorakalabschnitt gedehnt und im Lumbalabschnitt gekürzt,

-         großer Brustmuskel und die Muskel des Schultergürtels werden zusammengezogen,

-         die Muskel der Hinterbacke werden ausgedehnt und schlaff,

-         der Quadrizeps (gerader Kopf) wird verkürzt.

Charakteristisch für diese Körperhaltung sind:

-         Kopfneigung nach vorne,

-         Schulterstellung nach vorne,

-         Herausragen der Schulterblätter,

-         abgeflachter Brustkorb, der weniger Anteil am Atmen hat,

-         Verschiebung der Organe in der Bauchhöhle nach vorne und Ausdehnung der Bauchmuskel,

Die Verschiebung der Organe der Bauchhöhle beeinträchtigt die Atembewegungen des Zwerchfells und erschwert den Abfluß des Venenblutes. Das führt zu Störungen der Atmung und des Kreislaufes.

 

 

Abb. 1

Konkavkonvexer Rücken (nach Colson)

 

WIEGENRÜCKEN

In diesem Fehlertyp kommt eine erhöhte Vorwärtsneigung des Beckens vor.  Das führt zur Entstehung der Hyperlordose im lumbosakralen Abschnitt (die Wirbelsäule biegt sich im lumbosakralen Abschnitt scharf zurück und bildet eine kurze scharfe Lordose), und im höheren Wirbelsäulenabschnitt entsteht eine übermäßige thorakolumbale Kyphose. Die Schambeinfuge ist der am meisten nach vorne herausragende Körperteil.

Charakteristisch für diesen Fehler sind: Änderung in der Stellung der Schultern und Schulterblätter. Die Körperhaltung ähnelt sehr der Haltung wie bei konkavkonvexem Rücken, und typisch hier ist die Verschiebung des oberen Rumpfteils nach hinten. Die Schambeinfuge ist der am meisten nach vorne herausragende Körperteil. Es können hier Atem-, Kreislauf-, Verdauungs- und Monatsblutungsstörungen auftreten. In vielen Fällen beschweren sich die Personen mit diesem Haltungsfehler über Schmerzen im Lenden- und Kreuzbereich der Wirbelsäule.

 

Abb. 2 Wiegenrücken (nach Colson)

 

FLACHRÜCKEN

Dieser Haltungsfehler tritt beim verminderten Winkel der Vorwärtsneigung des Beckens auf. Typisch für diesen Fehler ist Abflachen oder Mangel an physiologischen Krümmungen der Wirbelsäule. Bei der Untersuchung werden jedoch keine Einschränkungen der Beweglichkeit der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte festgestellt. Bei Personen mit diesem Haltungsfehler ist der Brustkorb flach; seine Beweglichkeit und Volumen sind beschränkt, die Schultern sind abgesunken. Die Verminderung der physiologischen Krümmungen der Wirbelsäule verursacht das Entfallen der Stoßminderungs-funktion der Wirbelsäule, beschleunigt die Entstehung der Überanstrengungs- und Entartungsänderungen der Wirbelsäule. Deswegen beschweren sie die Leute mit diesem Haltungsfehler über Kopfschmerzen. Der Flachrücken kommt oft bei Kindern und Jugendlichen vor. Die Ursachen dafür liegen in der sitzenden Lebensweise. Unsere Kinder verbringen viel Zeit in der Schule und dem Zusatzunterricht und wenn sie sich schon von ihren Pflichten befreien, „erholen“ sie sich am liebsten am Computer oder vor dem Fernseher. Die sitzende Lebensweise führt nicht nur zur Verminderung der allgemeinen Kondition, sondern auch zur Schwächung der Muskelkraft.

Abb. 3 Flachrücken (nach Colson)

 

RUNDRÜCKEN

Bei diesem Fehlertyp kommt eine verminderte Vorwärtsneigung des Beckens vor. Das führt zum Verflachen der Lumballordose, der eine Vertiefung der Thorakalkyphose folgt. Der ganze Rumpf ist nach vorne geneigt, und das Gleichgewicht ist dank dem Zurückziehen des Beckens zu halten. Eine übermäßige Krümmung der Wirbelsäule im Thorakalabschnitt wird im Zervikalsegment durch eine erhöhte Zervikallordose und Kopfneigung nach vorne ausgeglichen.

Charakteristisch für diesen Haltungsfehler sind:

-         Vorschieben des Kopfes und der Schultern,

-         Abstehen der Schulterblätter,

-         Schwächung oder sogar Erschlaffung der Rückenmuskel,

-         Kontraktur der Muskel des Brustkorbes,

-         Knien und Ellbogen oft in der Position einer leichten Beugung.

Sehr oft wird die Atemfunktion des Brustkorbes benachteiligt. Der Haltungsfehler des Typs Rundrücken kann angeboren oder erworben sein. Der erworbene Haltungsfehler entsteht am häufigsten als Folge folgender Krankheiten: Rachitis, Tuberkulose, Scheuermannsche Krankheit, versteifender Wirbelsäulenrheumatismus. Die Ursache für die Entstehung des Rundrückens kann Muskeldystonie sein, d.h. Störung der Muskelspannungen der Rückenmuskel, die Folge der Überanstrengung der Streckmuskel des Rückens infolge statischer Arbeit, z.B. während unrichtigen Sitzens oder Stehens bei der Arbeit oder Lehre sein können.

 

 

Abb. 4 Rundrücken (nach Colson)

 

 

Dieser Kundendienst hat keinen Beratungscharakter. Er ersetzt ärztliche Beratung nicht. Die Verfasser, Berater und Verleger des Kundendienstes haften nicht für die Fehler oder Konsequenzen, die aus der Anwendung der in diesem Kundendienst zugänglichen Informationen resultieren.